Der Familienname Neuner und der Vulgoname „Hauser“

Der Familienname Neuner ist heute auf dem Seefelder Hochplateau, vor allem in Leutasch und Seefeld, weit verbreitet, er gehört zu den ältesten bekannten Familiennamen des Landes.  In Mittenwald ist er bereits 1294 bezeugt.1 Der Familienname Neuner ist somit mehr als 700 Jahre alt. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich die Schreibweise des Familiennamens Neuner wie bei allen alten Familiennamen immer wieder geändert, bekannt sind die Schreibweisen Näuner, Nauener, Nawner, Neüner, Newner und Neiner.

1. Wo der Familienname Neuner zu Hause ist

Der Name Neuner ist heute außer in Leutasch und Seefeld vor allem in Oberbayern (Mittenwald) und im Raum Zirl, Inzing, Telfs, zu finden, er kommt aber auch in Innsbruck und im Nordtiroler Unterland vor. Heute ist er in Leutasch der häufigste und in Seefeld nach dem Namen Seyrling der zweithäufigste vorkommende Familienname. Dies war auch früher schon so, in Leutasch mehr, in Seefeld weniger.

Aber auch wenn der Familienname Neuner in unserer Gegend häufig vorkommt, er ist ein typischer Regionalname. In den Statistiken über die Verbreitung der Familiennamen in Österreich und im nahen oder fernen Ausland, spielt er zahlenmäßig keine große Rolle (du kannst dich davon selber überzeugen, viel Spaß beim „googeln“). Allerdings freuen wir uns schon darüber, dass unser Familienname wenigstens in den Wintermonaten der vergangenen Jahre in der Öffentlichkeit durch erfolgreiche Sportlerinnen immer wieder sympathisch vertreten war (z. B. durch die österreichischen Rodlerinnen Angelika und Doris Neuner und die  deutsche Biathletin Magdalena Neuner).

2. Die Verbreitung unseres Familiennamens

Bereits in den ersten vorliegenden schriftlichen Einwohner-Listen (Aufzählung von Feuerstätten, Listen von Zinspflichtigen etc.) unserer Gegend sind Neuner-Familien für Seefeld oder Leutasch auszumachen. Im Inntaler Steuerbuch von 13122 sind die angegebenen Personen in der Regel ohne Familiennamen verzeichnet, somit für unsere Gemeinden am Plateau  noch kaum späteren Familien (Familiennamen) zuordenbar, sie werden meist nur mit dem Vornamen und fallweise einem Beinamen genannt.  Später wird sich das gewaltig ändern.

⇒In Leutasch (wo unsere Hauser-Vorfahren herstammen) ist unser Familienname Neuner seit Jahren weit verbreitet. Er ist z. B. 1940 unter den (nur) 24 verschiedenen in Leutasch vorkommenden Familiennamen  der am häufigsten vorkommende Familienname in Leutasch, 42 der damals insgesamt  150 Leutascher Familien heißen Neuner, also fast jede/r dritte Leutascher/in schreibt sich damals Neuner. In der Rangliste der Häufigkeit folgen 17 Heis, 13 Rauth, 12 Krug, 10 Nairz….3

In einem Untertanenverzeichnis der Tiroler Landesfürsten aus dem Jahr 1427 finden sich unter den angeführten 56 Haushalten in Leutasch sieben Familiennamen, die heute noch vertreten sind, darunter der Name Neuner. Andere sind Öfner, Reindl, Witting, Nairz, Rödlach und Kluckner. Dabei ist bemerkenswert, dass es damals schon  mehrere Neuner-Familien gegeben hat, nämlich vier Familien mit der Schreibweise Näuner und eine Familie mit Näwner.4

Die Existenz mehrerer Neuner-Familien in Leutasch vor über 500 Jahren bezeugen auch alte Aufzeichnungen über die Erträge des Stiftes Wilten aus den Zehent-Verpflichtungen, z.B. 1454: Peter Newner, Haintz Newener; 1523: Stoffl Newner, Ambros Newner; 1580: Hanssen Teuffenprunr und Petter Neuners Erben, des Alten Hanns Neüners genandt Klosners Erben, des alten Neüners Erben von des Sprengers guet, des altn Neüners Erben yetzt Stolhofer, Barholome Neuners Erben Yetzt Georg Neuner vom Ambrosy Neuner herrierend…5 Daraus kann geschlossen werden, dass entweder vor 1400 eine Neuner-Familie nach Leutasch gekommen ist, von der die anderen Neuner abstammen (dabei kann nicht mit Sicherheit, wohl aber mit großer Wahrscheinlichkeit wegen der Ansiedlung der ältesten Neuner-Familien in der Gasse bzw. auf alten Höfen in ehemaliger Pollinger Grundherrschaft angenommen werden, dass diese Familie aus der Gegend um Weilheim oder Polling stammt), oder dass bereits mehrere Neuner-Familien aus dem Norden (Weilheim, Polling…) und, zumindest theoretisch, andere mit dem gleichen Familiennamen aus dem Inntal (z. B. aus Telfs) heraufgekommen sind.

In Seefeld ergibt sich für die Verbreitung und Kontinuität des Familiennamens Neuner ein etwas anderes Bild. Leider kommt Seefeld (wie auch Zirl und Reith) in der Feuerstätten-Aufzählung von 14276 noch nicht als eigene Steuergemeinde vor (wohl aber Leutasch, siehe oben). Die sicher bereits existierenden Feuerstellen (Häuser) werden offensichtlich anderen Gemeinden (welchen ist offensichtlich nicht ganz geklärt) zugezählt.7

In der Aufzählung der Seefelder Zinspflichtigen aus dem Jahr 1620 (Seefelder Kloster-Akten) scheinen hingegen bereits drei Seefelder Neuner-Familien als Hausbesitzer auf: Hans und Ulrich Neiner, Lienhart (=Leonhard) Neiner und Jakob Neiner. Aber zwei Generationen später, im Urbarium des „Gottshauses und Klosters Seefeld 1678“, sind erstaunlicherweise keine Neuner als abgabenpflichtige Einwohner (also als Inhaber eines Hauses oder von Grund und Boden) mehr zu finden. Und so bleibt es viele Jahrzehnte. Im Theresianischen Kataster von 1777 (Tiroler Landesarchiv, Kataster 033/018) findet sich in Seefeld kein Haus- oder Grundbesitzer mit dem Familiennamen Neuner.

Trotzdem kommt auch in diesen Jahrzehnten in den Kirchenbüchern der Familienname Neuner immer wieder vor, z.B. bei Frauen, die nach Seefeld heiraten. Ein Beleg dafür ist die Großmutter von Balthasar Neuner mütterlicherseits: Christina Neuner, die 1751 von Leutasch nach Seefeld kommt und hier Balthasars Großvater mütterlicherseits, Josef Zunterer, heiratet.

Dies ändert sich ab dem Jahr 1801:  Philipp Neuner vom „Kurrer“ in Leutasch (damals tragen den Vulgonamen Kurrer Neuner-Familien!) kommt nach Seefeld , heiratet hier die Schneiders-Tochter Anna Zunterer und  gründet mit ihr eine Familie , aus der später der „Hauserclan“ hervorgeht. Neun Jahre später, 1810, folgt Erasmus Neuner, der um vier Jahre ältere Bruder von Philipp Neuner. Er ist nach einer kurzen Ehe in Scharnitz bereits Witwer, als er in Unterseefeld die Witwe und Sägewerksbesitzerin Magdalena Rödlach heiratet. Diese Ehe bleibt allerdings kinderlos, den Betrieb wird der Neffe Balthasar Neuner übernehmen und seinerseits eine Familie gründen. In einer Einwohnerstatistik von 1820 und in den Aufzeichnungen der folgenden Jahrzehnte gibt es deshalb wieder mehrere Neuner-Familien. Nun ist der Familienname Neuner in Seefeld wieder stärker präsent.

100 Jahre später, in einer um cà 1930 vom Pfarramt Seefeld angelegten Liste der Seefelder Haushalte sind fünf Neuner-Familien aufgezählt: Fritz Neuner (Waldfrieden), Hans Neuner (Hauser), Adalbert Neuner (Liaß), Alfred Neuner (Urbeler), und Michl Neuner (Hauser).

Im Jahr 2014 haben 61 Personen  mit dem Familiennamen Neuner in Seefeld ihren Hauptwohnsitz (von cà 3.300 ) angemeldet, wovon fast genau die Hälfte von ihnen zum „Hauserclan“ gehören, also auf jenen Philipp Neuner zurückgehen, der 1801 von Leutasch nach Seefeld gekommen ist . Somit heißen heute cà 5% der Seefelder (mit Hauptwohnsitz) Neuner, 2,5% der Seefelder sind „Hauser“.

3. Wie die Familiennamen entstanden sind

Hier ein paar grundsätzliche und allgemeine Hinweise zur Entstehung der Familiennamen. Bis zum 12. Jahrhundert war es bei uns nicht üblich, zwei Namen zu führen, so wie es heute gebräuchlich ist. Jeder hatte nur einen Namen. Für die Entstehung der zusätzlichen Familiennamen waren mehrere Gründe ausschlaggebend, z. B.:

  • Einige (im Verhältnis zu heute wenige) Vornamen waren sehr beliebt, Kinder und Enkelkinder wurden immer wieder mit den gleichen (Heiligen-)Namen wie jene der direkten Vorfahren benannt, sie kamen deshalb in manchen Familien gehäuft vor. Verwechslungen waren leicht möglich und manchmal verhängnisvoll.
  • Die Bevölkerung vermehrte sich rasch, der Handel und die Beziehungen zu Nachbardörfern und Nachbarländern wuchsen, es wurde dadurch fast zwingend notwendig, einen zweiten Namen zur genaueren Bezeichnung einer Person zu geben.
  • Die Grundherrschaften hatten ein großes Interesse, dass sich die Namen der Abgabepflichtigen (Zinspflichtigen) in den Urbaren und Zinslisten nicht von Generation zu Generation änderten.

a) Der erste Schritt zur Zweinamigkeit (zuerst in den Städten und beim Adel, und noch nicht automatisch an die Nachkommen vererblicht) war der Zusatz des Vaternamens zum eigenen Namen. Diese Praxis findet sich weltweit auch heute noch, z. B. in slawischen Ländern oder in Skandinavien.

Besonders ausgeprägt ist diese Praxis bis heute in Island. „Auf Island und auf den Färöern haben nur wenige Personen Familiennamen in unserem Sinne….. In der Regel jedoch besteht der zweite Name aus dem Namen des Vaters (im Genitiv) erweitert um -son (Sohn) oder -dóttir (Tochter). Benennungen nach der Mutter waren früher selten (uneheliche Geburt mit unbekanntem Vater), sind aber heute im Zuge der Gleichstellung gesetzlich möglich. So gibt es in Island überhaupt keine durchgehenden Nachnamen. Beispiel einer Generationenfolge: Gustav Jóhansson – dessen Sohn: Helgi Gustavsson – dessen Sohn: Ívar Helgason – dessen Sohn und Tochter: Lars Ívarsson und Jóhanna Ívarsdóttir usw. Die frühere isländische Präsidentin Vigdís Finnbogadóttir war also eine Tochter des Finnbogi.“8.

b) Ein anderer Ursprung für die neu auftretenden Familiennamen sind germanische Personennamen (z. B. Witting aus germ. Witge, oder Kuen von Kuno oder germ. Chuone).

c) Auch aus Eigenschaftsnamen („Übernamen“, „Spitznamen“) können Familiennamen entstanden sein (z.B. Klotz für einen Menschen von massiger Gestalt).

d) Zu den ältesten Familiennamen gehören auch Herkunftsnamen nach der Lage der Wohnstätte (Rauth = gerodete Fläche, d.h. Hausbesitzer auf einer gerodeten Fläche, Bodner = ebener Platz, Lettenbichler = Lehmhügel), nach einem Vornamen (Reindl = Reinhard, Hauser = Balthasar), nach der Art des Besitzes (Lechner – Lehner – Lehen), oder nach dem Herkunftsort (Kremser, Schenacher, Lechtaler…). Bei einer Fahrt durch das hintere Stubai kommt man durch die Fraktionen von Neustift, die nacheinander allesamt Namensgeber für bekannte Familiennamen sind: Ranalt(er), Falbeson(er), Volderau(er), Gasteig(er), Schaller.

e) Zahlreiche Namen bezeichnen den Beruf oder das Gewerbe (Draxl = Drechsler, Mösmer = Kirchenmesner, Öfner = Ofner als Bezeichnung für einen öffentlichen Bäcker, Pfefferle = Gewürzhändler, Schneider, Sailer …).9

4. Woher der Familienname Neuner kommt

Der Familienname Neuner geht auf Inhaber einer öffentlichen Funktion zurück.

Dabei gibt es zwei mögliche Entstehungsarten, die auch eine gleichzeitige Entstehung des Familiennamens an unterschiedlichen Orten erklären können. Einerseits hatten Gemeindekollegien (vergleichbar den heutigen „Gemeinderäten“) zwischen 3 und 12 Mitglieder, diese wurden nach ihrem Rang in der Sitzordnung benannt. Es gibt heute noch die Namen Dreier (kann allerdings auch von Dreher, Drechsler [wie Draxl] kommen), Vierer, Zwölfer und Neuner. Andererseits gab es Gemeindekollegien wie z. B. in Mittenwald oder in Innsbruck, die ein „Neunerkollegium“ hatten und wo alle Mitglieder dieses Gremiums den Beinamen „Neuner“ trugen.10 Die Andechsergründung Innsbruck hatte 1180 bereits einen „Neunerrat“, hier erscheint der Name Neuner als einer der ältesten Beinamen überhaupt, übertroffen nur noch vom Familiennamen „Ebser“.

Nicht alle Tiroler Familien mit dem Namen Neuner weisen demnach auf einen gleichen Ursprung hin. Bei den Leutascher und Seefelder Neuner-Familien ist wahrscheinlich, dass die nicht direkt von den bürgerlichen Familien der Neuner in der Landeshauptstadt Innsbruck abstammen. Diese waren sehr bedeutend, hatten sogar ein eigenes Wappen – Anzeichen für sehr wohlhabende und angesehene Bürger. Auch gibt es keinen Hinweis, dass unsere Vorfahren mit den Neuner – Familien im Raum Telfs etwas zu tun haben, vielleicht gab es aber eine Neuner-Familie aus dem Inntal, die sich in Oberleutasch auf der „Telfser Seite“ (Ortsteil Moos usw.) niedergelassen hat.

Am ehesten sind wohl jene Neuner – Familien unsere Urahnen (vor allem wenn sie aus der Gasse oder aus der Gegend um die heutige Kirche herum stammen), die von den Familien mit dem Namen Neuner in Mittenwald oder um Weilheim herum abstammen. Diese sind dort 1294 sicher bezeugt. In Leutasch sind die Neuner 1427 das erste mal urkundlich erwähnt.

Zwei von der wissenschaftlichen Familiennamen-Forschung abweichende Erklärungen zur Entstehung des Familiennamens Neuner seien auch noch angeführt: Eine etwas originell anmutende Erklärung für den Familiennamen Neuner findet sich bei Hornung, M., Lexikon österreichischer Familiennamen, 1989: „Neuner: Übername zum Zahlwort neun (Geburt bzw. Auffindung eines Findelkindes am 9. eines Monats).“ Nicht nur originell sondern skuril ist jene Deutung unseres Familiennamens Neuner, die man beim Surfen im Internet in einem Beitrag findet: der Familienname Neuner stamme von Entlassenen eines angeblichen Straflagers Nr. 9 in Scharnitz im 17. – 18. Jahrhundert, denen man zwecks weiterer Überwachung den Familiennamen Neuner gab. Mir ist trotz intensiver Recherchen kein Straflager Nr. 9 in Scharnitz für Deportierte aus den Südstaaten der Monarchie bekannt geworden, noch dürfte dem Blogger dieser absurden Theorie bekannt sein, was die wissenschaftliche Familiennamen-Forschung seit Jahrzehnten belegt….

5. Familienname, Taufname,  Haus- oder Vulgoname

Trotz der Einführung der Familiennamen war bei uns der Taufname (Vorname) bis ins 17. Jahrhundert immer noch bedeutender als der Familienname.

In den Matrikenbüchern (nach dem Konzil von Trient in den Pfarren verpflichtend zu führende Personenstandsregister) einiger unserer Pfarren (z. B. in der Hauser-Heimatpfarre Seefeld) wurden die Personenregister noch im 18. Jahrhundert nicht nach dem Familiennamen, sondern nach dem Vornahmen geordnet. Den Neugeborenen (Neugetauften) Alois Neuner findet man deshalb nicht unter „Neuner“, sondern unter „Alois“. Bis vor ca. 100 Jahren trug die Frau auch noch nach ihrer Verehlichungen ihren eigenen Familiennamen. So findet sich in den Taufbüchern beispielhaft folgende Formulierung: „Taufe der Maria, eine legitime Tochter des Johann Neuner und der Magdalena Rödlachin, Patin Anna Seelosin, Ehefrau des Anton Gapp.“

Eine große Bedeutung haben bei uns bis zum heutigen Tag die Haus- Hof- oder Vulgonamen.  In Seefeld haben die Hausnamen heute zwar nicht mehr jene Bedeutung wie noch vor zwei Generationen, trotzdem leben einige von ihnen nicht nur in der Erinnerung, sondern auch noch in der aktuellen Realität weiter, wie z. B. die „Mugger“, die „Schmied“, die „Schneider“, die „Jagermartl“, die „Schadl“, die „Tschurp“, die „Grugger“, die „Hartler“, die „Pfunser“, die „Lampl“, die „Urbeler“, die „Katzeler“, die „Leneler“ oder eben auch die „Hauser“.

Unsere Haus- und Hofnamen waren während vergangener Zeiten im täglichen Zusammenleben bedeutsamer als der Familienname. Zum Rauth Josef sagte in Seefeld niemand so, wie er „amtlich“ hieß, er war der „Gschlössler Seppl“, und der Sohn von Balthasar Neuner schrieb sich zwar Neuner Johann, „geheißen“ hat er aber auf dem ganzen Plateau „Hauser Hans“.

Dieses Phänomen kennen wir natürlich auch heute, nicht nur in der Form von Künstlernamen (von Pelè über Heino bis Conchita Wurst), sondern auch in der Form von „Spitznamen“, der einem von seinen Mitschülern oder Mitschülerinnen „verpasst“ wird, einmal liebenswürdig, einmal etwas weniger freundlich.

Es gibt aber Unterschiede zwischen Künstler-, Spitz- oder Übernamen und unseren Haus- oder Vulgonamen: während erstere meist an eine konkrete Person gebunden sind (jeder bei uns kennt z. B. den „Nino“, den „Speedy“, den „Flyt“, den „Daddy“) und in der Regel nicht weitervererbt werden , ist der Hausname oder Vulgoname eher ein Herkunftsname und bezieht sich auf das Heimathaus (Elternhaus) aus dem jemand stammt. In unserem Fall heißt es deshalb „beim Hauser“ oder „vom Hauser“.

Dieser „Hausname“ kann dann ohne weiteres an die Nackommen weitergegeben werden, auch wenn sie nicht mehr im Elternhaus, ja nicht einmal mehr im selben Ort wohnen. So wird Philipp Neuner (der Vater unseres Balthasar Neuner) auch noch  nach Jahrzehnten in Seefeld mit seinem Leutascher Hausnamen „Kurrer“ gerufen, den seine Familie seit damals bereits über 200 Jahren inne hat, und wenn ich von meinem jetzigen Wohnort im Inntal aus jemanden in meiner Heimatgemeinde Seefeld anrufe, stelle ich mich nicht nur mit meinem Familiennamen Neuner vor, sondern auch mit meinem  Vulgonamen „vom Hauser“ – dann wissen alle, wer ich bin. Diese Praxis der Haus- und Vulgonamen kann u.U. auch zur Folge haben, dass ein Hausname, der Jahrhunderte lang an einen bestimmten Familiennamen gebunden zu sein scheint, auf eine Familie und deren Nachkommen übergeht, die bisher anders geheißen haben. Zum Beispiel dann, wenn ein Mann aus einer Familie mit einem alten Hausnamen durch die Heirat zu einer Tochter auf einen Hof mit einem anderen Hausnamen den Hausnamen seiner Ehefrau übernimmt, während die Ehefrau den Schreibnamen (Familiennamen) des Mannes annimmt.

Dazu ein Beispiel aus der Familie unsere Vorfahren: Unsere Neuner-Vorfahren in Leutasch  führen dort von 1600 bis 1875 den Hausnamen Kurrer11. Dann lebt auf dem Kurrer-Hof mit Elisabeth Neuner nur (mehr) die einzige Tochter  vom „Kurrer“ Alois Neuner und seiner Frau Kreszenz Draxl. Zu ihr heiratet 1875 der Ehrenreich Krug vom „Much“, er übernimmt den Kurrer-Hof. Elisabeth Neuner trägt nun selbstverständlich den Familiennamen Krug ihres Mannes, ihr Mann und ihre Nachkommen hingegen heißen mit ihren Hausnamen „Kurrer“. Und so führen nun seit  140 Jahren Krug-Familien den Hausnamen „Kurrer“, nachdem diesen vorher fast 300 Jahre lang Neuner-Familien geführt haben. Auf die gleiche Art und Weise ist z.B. ein Zweig der Seefelder Rauth-Familien (vom „Hartler“) zum Vulgonamen „Mugger“ gekommen, den eigentlich Tiefenbrunner-Familien führen: Thomas Rauth (Sohn vom „Hartler“ Bernhard Rauth) heiratet 1829 hinauf zur Elisabeth Tiefenbrunner beim „Mugger“. Ihre Nachkommen heißen seit damals bis heute ebenso „Mugger“ wie die Nachkommen von Tiefenbrunner Familien.

 

Also….

… wir und unsere Vorfahren sind keine Nummern, sondern haben einen Namen. Unser Vulgoname „Hauser“ geht zurück auf Balthasar Neuner. So wurde dieser Sagschneider und Kleinbauer aus Unterseefeld in Tirol bereits zu seinen Lebzeiten gerufen.  Nicht alle seine Nachkommen heißen heute naturgemäß Neuner, auch werden nicht alle „Hauser“ gerufen.

Dies ist auch nicht besonders tragisch. Wichtiger ist, egal ob wir Neuner, Wanner, Krug, Lehner, Salmhofer, Maldet, Stanek, Webhofer, Manfreda oder sonst wie heißen,  dass uns in unseren unterschiedlichsten Familiensituationen und Lebensumständen eine gemeinsame biologische, soziale und territoriale Geschichte verbindet. Und diese Geschichte ist Teil einer Dorfgeschichte und steht damit in einem inneren Zusammenhang mit der Geschichte und den Geschichten anderer Familien. Wir sind der Meinung, dass es nicht nur Spaß macht, diese Geschichte und Geschichten zu erforschen, sondern uns auch einige Anregungen bietet, darüber nachzudenken, was und wer wir heute sind, wo wir unsere Wurzeln haben, wie sich der Lauf der Zeit und der Dinge vollzieht….

 

 

Hinweis für Interessierte:

Zur Frage der Entstehung und Verbreitung unserer Familiennamen zwei empfehlenswerte Literaturhinweise:

  • Finsterwalder, K., Tiroler Familiennamenkunde, Schlern-Schriften 284, Innsbruck 1994.
  • Klausmann, H., Atlas der Familiennamen von Bayern, Ostfildern 2009.

 

  1. Finsterwalder, K., Tiroler Familiennamenkunde, Innsbruck 1994, 413 []
  2. Tiroler Landesarchiv, Codex 107 []
  3. nach: Reindl M., Leutasch in Tirol, Leutasch 1962, 99f []
  4. Stolz, O., Quellen zur Steuer-, Bevölkerungs-, und Sippengeschichte des Landes Tirol im 13., 14. und 15. Jahrhundert, Schlern-Schriften 44, Innsbruck 1939, 171 []
  5. Leutasch. Eine Ortschronik. Schriftleitung: Olt R., Leutasch 1990, 45f []
  6. Tiroler Landesarchiv, Codex 12 []
  7. s. Stolz, Quellen, 169 []
  8. aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Familienname []
  9. Finsterwalder, K., Entstehung der Sippennamen, in: Quellen zur Steuer-, Bevölkerungs- und Sippengeschichte des Landes Titol im 13., 14. und 15. Jahrhundert, Schlern-Schrift 44, Innsbruck 1939, 16 – 26 []
  10. siehe: Finsterwalder, Familiennamenkunde []
  11. Nach  M. Reindl in: Leutasch in Tirol, Ortschronik, 127 []

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